Hamfast der Abenteurer
Celebrimbor
sprach leise mit Galadriel. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, versuchte
er die Elbenfrau von etwas zu überzeugen. Sie neigte zum Zeichen des Verstehens
nur sachte den schönen Kopf und hob beruhigend die flache Hand ein kleines
Stück von ihrem Schoß.
Celeborn
hatte diese Szene nicht bemerkt oder beachtete sie zumindest nicht. Er schien
mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, bevor er den Zwergenherrscher direkt
ansah und rundheraus bemerkte: „Wenn sie sie gestohlen hat, ist es müßig, ihr
die Artefakte wieder abjagen zu wollen. Denn dann hat sie diese längst
verschlungen, so wie ihre Mutter alles Glänzende und Wertvolle zu verschlingen
pflegte, das ihr in die haarigen Klauen kam.“
Celebrimbor
stöhnte gequält, so als wäre es gerade dies gewesen, worüber er soeben mit
Galadriel gesprochen - und das er hatte vermeiden wollen.
Durin
blickte finster drein. Mit herausfordernder Miene sah er dem Elbenfürsten entgegen.
„Dann
werde ich sie aufschneiden und mir zurückholen, was mein ist!“ polterte er
schließlich und strich zur Bekräftigung seiner Worte mit der Hand über die
Schneide seiner gewaltigen Streitaxt. „Sie wird nicht lange Freude daran haben,
wenn ich sie erst vor meiner Klinge habe!“ Herausfordernd sah er sich um, als
erwarte er einen Widerspruch, den es zu bekämpfen galt.
Die
drei edlen Elben rührten sich nicht. Celebrimbor hatte seine Fassung wieder
zurückerlangt und Celeborn schien die Erregung des Zwerges ziemlich
gleichgültig zu sein.
Erstmalig
glitt etwas wie ein Schatten über Galadriels Gesicht. Sollte ihre Vorahnung sie
so getäuscht haben? Lag doch offener Krieg vor ihnen? Gegen die Spinnen des
Grünwaldes?
„Was
ist mit eurer Behauptung, daß der böse Geist sich aus dem Wald verzogen hat?“
protestierte Durin plötzlich. „Ihr Elbenvolk habt doch angeblich ein Gespür für
so etwas. Müßte der nicht immer noch wahrnehmbar sein, wenn es sich so
verhielte, wie ihr vermutet?“
„Was
wißt Ihr darüber?“ erkundigte sich Celebrimbor bei den beiden Lorinandelben.
Doch
diese zuckten nur leicht die Schultern. „Stets lebten dunkle Kreaturen in den
älteren Teilen im Norden des Waldes, dort, wo auch das Reich des Herrn unter
den Eichen liegt. Wenn die Dunkelheit dort angewachsen ist, so spüren wir hier
im Süden nichts davon. Doch besitzen wir keine geistigen Kräfte dieser Art.
Unsere Wahrnehmung ist erdverbunden. Und wenn Ihr fragt, ob der Wald krank ist,
dann: ja. Doch ob es ihm nur noch nicht gelungen ist, völlig zu gesunden oder
er an einem weiteren Leiden dahinsiecht, vermögen wir nicht zu sagen.“
„Möglicherweise
war von Anfang an mehr als nur eine böse lenkende Kraft am Werk, und die eine
ist in den Süden gegangen, während die andere noch verweilt.“ Galadriel hielt
inne und ließ ihre eigenen Worte in ihren Gedanken nachklingen.
„Wir
sollten Boten zu König Thranduil schicken“, sprach Celeborn jetzt das
Naheliegendste an. „Er sollte über die Geschehnisse unterrichtet sein, wenn
seine Leute das nächste Mal in einen Kampf mit diesen Biestern verwickelt
werden. Außerdem kann er uns vielleicht weitere Informationen dazu geben.“
Trotz
der bedrohlichen Entwicklung der Dinge, wirkte er ausgeglichen. Seine Welt war wieder
in Ordnung und der Grund, weshalb sie keine Spuren entdeckt hatten, geklärt.
„Es
sei denn, einer von euch kann ihn mit seinen Gedanken erreichen“, fügte er
nachlässig hinzu, so als wäre ihm die Antwort bereits bekannt.
„Thranduil
verschließt seine Gedanken vor uns, so wie er sein ganzes Reich von allen
äußeren Einflüssen abgeschottet hat“, schüttelte Celebrimbor auch sogleich
bestätigend den Kopf.
„Was
kann uns dieser König schon von Nutzen sein?!“ widersprach Durin, wobei er den
Titel des Waldelbenherrschers in einer Weise aussprach, die keinen großen
Respekt vermuten ließ. „Wir sollten lieber gleich aufbrechen und nicht noch
mehr kostbare Zeit verlieren!“ Um seinen Worten auch gleich Taten folgen zu
lassen, erhob er sich und rückte die Halterung seiner Axt zurecht.
„Jetzt,
bei Einbruch der Nacht?“ wandte Celeborn ein. „Wie wollt Ihr sie da finden, wo
wir am hellen Tag ihre Spuren nicht entdecken konnten?“ Er schüttelte über
soviel Unverstand den Kopf.
„Und
wenn schon!“ Durin trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Auch seine
Zwerge wurden von der Unruhe angesteckt und machten sich zum sofortigen
Aufbruch bereit. „Wenn wir ihre Spuren im Hellen nicht sehen, macht es auch
nichts, sie im Dunkeln nicht zu sehen!“
„Habt
Ihr eine Ahnung davon, wie weitläufig der Wald ist, Herr Zwerg?“ mockierte sich
Celeborn. „Was wollt Ihr tun? Aufs Geratewohl hindurchmarschieren und darauf
hoffen, daß Ihr dabei zufällig über ein paar Spinnen stolpert?“
Der
Elbenfürst war nicht aufgestanden, aber er saß so hochaufgerichet, daß seine
Augen sich dennoch fast auf der gleichen Höhe mit denen des kurzgewachsenen,
stämmigen Zwerges befanden. Wütend funkelten die beiden sich an.
„Wenn
es sein muß, werde ich auf der Suche nach ihr jeden Baum einzeln fällen!“ bellte
Durin. Seine Zwerge scharten sich um ihn und bildeten eine Front gegen die
Elben auf der anderen Seite.
Diese
hatten sich nun ebenfalls um ihre Anführer postiert. Es lag eine Bedrohung in
der Luft, die nicht mit den Händen zu greifen war. Noch nicht. Doch schien es
nur des geringsten Anstoßes zu bedürfen, um beide Seiten nach den Waffen
greifen zu lassen.
Beinahe
schien es, als begänne die Luft zwischen ihnen zu knistern und einen langen
Atemzug lang sprach keiner ein Wort.
Dann
erhob Galadriel sich. Leise. Geschmeidig. Hoheitsvoll. Und sie breitete beide
Arme mit den Handflächen nach oben zum Zeichen des Friedens aus. Sie stand wie
eine strahlende Säule zwischen beiden Lagern und blickte milde und furchtlos in
die Runde der sich streitenden Männerschar.
Aller
Augen ruhten auf ihr. Sie sagte kein Wort. Wenigstens bewegten ihre Lippen sich
nicht, außer zu einem sanften, freundlichen Lächeln. Und dennoch schien sie auf
irgendeine Weise eine Botschaft in die Gedanken aller Anwesenden zu senden.
Nunja,
fast aller Anwesenden, sollte man sagen. Denn Hamfast saß mit großen Augen an
seiner Kochstelle und hörte weiter nichts als das muntere Knistern seines
Feuers. Staunend beobachtete er, wie die Elben sich zurückzogen und jeder an
den Platz ging, an welchem er soeben noch gelagert hatte. Die Zwerge jedoch
standen still. Erst als Durin mit einem tiefen Atemzug die Hand vom Griff
seiner Axt nahm und beleidigt brummend sein Einverständis zu verstehen gab,
entspannten sich auch seine Leute und kehrten zu ihren Lagern zurück.
„Beim
ersten Licht des Tages brechen wir auf. Ob es euch recht ist, oder nicht!“
äußerte er seine Entscheidung. Dann betrachtete er die Unterredung offenbar als
beendet und suchte ebenfalls seinen Schlafplatz auf.
Hamfast
atmete erleichtert auf. Er hatte nicht verstanden, was da geschehen war, aber
vorerst schien die Situation wieder unter Kontrolle.
„Wie
wollt Ihr sie denn finden, wenn dieser Wald gar so groß ist?“ meldete er sich
zaghaft zu Wort.
„Wir
werden sehen, Herr Hamfast.“ Eine Weile wartete der Hobbit auf eine nähere
Erklärung, doch diese blieb aus. Vielleicht war selbst die Herrin Galadriel
nach diesem Zwischenfall mental erschöpft.
Hamfast
seufzte. Sein Feuer hatte jetzt die richtige Glut erreicht. Er platzierte seine
Pfanne in der Mitte, rückte sie ein wenig hin und her um ihr zu einem festen
und geraden Stand zu verhelfen und verteilte, als sie ausreichend aufgewärmt
war, kleine runde Haferkekse darin.
Zumindest
was die Gefahr des von innen heraus aufkeimenden Unfriedens anging, schien die
Elbenfürstin recht zu behalten, überlegte Hamfast dabei. Ob dies nun
tatsächlich dem unheilvollen Einfluß des Diebstahls der wertvollen Gegenstände
zuzuschreiben, oder doch eher eine Auswirkung der ihm unerklärlichen Uneinigkeit
zwischen Elben und Zwergen zuzuschreiben war, konnte er natürlich nicht sagen.
Schweigend konzentrierte er sich auf seine Aufgabe und bemühte sich dabei, dem
kleinen Streit, der noch einmal ein gutes Ende genommen hatte, nicht zuviel
Bedeutung beizumessen.
Langsam
breitete sich der Duft von frischem Backwerk über das Lager aus und hatte eine
beruhige Wirkung auf die erregten Gemüter. Mit einem fröhlichen Lächeln
bemerkte Hamfast die erwartungsvollen Gesichter und das deutlich wahrnehmbare
genießerische Schnuppern der in seiner Nähe lagernden Zwerge. Munter verteilte
er die ersten fertig gebackenen Kekse, um gleich darauf die nächsten
Teighäufchen in die Pfanne zu geben. Sie waren klein und flach und benötigen
wenig Zeit zum garen, und schon bald waren alle versorgt, während Hamfast immer
wieder für Nachschub sorgte, wobei er sich selbst gelegentlich einen Keks
zwischen die Zähne schob.
So
verging die kurze Dämmerung. Ihr folgte eine rabenschwarze Nacht. Tirion war
nur noch eine schmale Sichel. Doch bald verschwand selbst diese hinter einem
aufziehenden und sich ausbreitenden Wolkenband, das den ganzen Himmel überzog,
noch bevor die Sterne zu leuchten begonnen hatten. Es braute sich ein Unwetter
zusammen, dessen Regen die letzten vielleicht doch noch vorhandenen Spuren
verwischen würde.
Durin
drückte seinen Unmut darüber in derben Worten aus.
„Wieso
die Orks und nicht Spinnen für den Angriff auf die Zwergenstadt?“ hörte Hamfast
Celebrimbor fragen. Seine Worte waren so leise gesprochen, daß nur das neben
ihm sitzende Elbenpaar sie vernommen hatte - und der Hobbit, der soeben in
ihrer Nähe vorbeigegangen war und jetzt neugierig stehen blieb.
Celeborn
winkte ihm, sich zu ihnen zu setzen, da er es ohnehin nicht ungeschehen machen
konnte.
„Es
war ein Ablenkungsmanöver. Vielleicht wollte sie ihre Artgenossen nicht dafür
opfern“, vermutete er dann. „Es mußte ihr klar sein, daß keiner überleben
würde.“
„Und
die Orks, die mit ihr in den Stollen eingedrungen sind? Was ist aus ihnen
geworden?“
Celeborn
wiegte den Kopf und sah den Noldo mit einem leicht gequälten Gesichtsausdruck
an. „Muß ich dir das wirklich erklären, mein Freund?“ Ekel schwang in seiner
Stimme mit.
„Deshalb
haben wir keine Spuren von ihnen finden können“, stimmte dieser zu. Er würgte die
aufkommende Übelkeit hinunter.
Hamfast
verstand nicht. Der Ausdruck des bezaubernden, aber jetzt aschfahlen Gesichts
der Elbenfürstin verhinderte jedoch seine Nachfrage.
„Welchen
Hinweisen wollt Ihr folgen, wenn keine Spuren zu entdecken sind?“ bohrte er
weiter.
„Wir
hoffen, daß König Thranduil uns weiterhelfen kann. Er kennt den Großen
Grünwald, sein Reich, sehr genau. Vielleicht ist es ihm möglich zu sagen, von
wo das Unheil ausgeht. Da, wo der Wald am stärksten kränkelt und wo die Untiere
ihre dichtesten Netze weben, dort müssen wir suchen“, war Celeborn
zuversichtich. „Und auch, wenn sie selbst nicht in ihr Lager zurückgekehrt ist,
so hoffen wir, daß sie ihre Kinder nicht im Stich lassen wird, wenn wir sie
angreifen.“
Doch
Celebrimbor zog zweifelnd eine Augenbrauen zusammen. „Denkst du, ihre
Familienbande sind stark genug, sich selbst in Gefahr zu begeben, nur um ihre
Brut zu retten?“
„Vielleicht“,
nickte Celeborn. „Wären sie es nicht, so hätte sie ihrer beim Angriff auf Moria
nicht geschont. Wenn wir ihr das Gefühl geben, daß sie eine Chance hat, selbst
mit dem Leben davon zu kommen, wenn wir nicht zu überlegen auftreten, und sie
glaubt, uns besiegen zu können...“
Der
Noldo grinste süffisant. „Das ist ein sehr magerer Plan, oh Fürst von Eregion!“
lästerte er.
„Ich
bin für bessere Vorschläge offen, ehrenwerter Herr Noldo!“ entgegnete Celeborn
nicht weniger ironisch. Und Galdriel lächelte ob der freundschaftlichen
Plänkelei still in sich hinein.
Hamfast
blickte zwischen den drei Elben hin und her. Sollte er ihnen erzählen, wie es
ihm damals ergangen war, als er versucht hatte, diesen Wald zu betreten? Wie
ihn die unnatürliche Müdigkeit überfallen hatte und er schon kurz darauf im
Sattel seines Ponys eingeschlafen und auf unerklärliche Weise am Rand des
Waldes wieder erwacht war?
Galadriel
betrachtete ihn nachdenklich. „Dieser Wald ist kein Ort für einen so
friedliebenden Mann wie Ihr es seid“, sagte sie mitfühlend, als könnte sie
seine Zweifel spüren.
Hamfast
schüttelte energisch den Kopf. „Nein, das ist er ganz sicher nicht!“ Ein
bestätigendes und nicht weniger deutliches Nicken folgte. „Und ich gestehe, daß
allein der Gedanke daran mir Unbehagen bereitet.“ Mit einem schnellen Ruck zog
er seinen Hut vom Kopf, so als hätte er zuvor vergessen, ihn abzunehmen, wie es
sich doch in Gegenwart einer vornehmen Dame gehörte.
Ein
leises, glockenklares Lachen belohnte den Kleinen für seine Höflichkeit. Auch
die beiden Männer sahen nicht mehr so verbissen aus. Es zuckte in ihren
Mundwinkeln, als wären sie nicht sicher, ob sie ihn mit einem
Heiterkeitsausbruch brüskieren würden.
Hamfast
hingegen strahlte über soviel Freude von einem Ohrläppchen zum anderen. „Ich
glaube nicht, daß ich Euch von großem Nutzen sein kann, Herrin Galadriel“,
meinte er dann artig. „Aber ich möchte versuchen, Euch zu helfen. Seht, es mag
unklug von mir sein und vermutlich ist es ganz und gar dumm, Euch begleiten zu
wollen. Aber ich bin schon so weit mit Euch und Eurem Gemahl gereist. Ich wäre
enttäuscht, zurückgelassen zu werden. Wenn Ihr mir also die Erlaubnis dazu
gebt, werde ich gerne weiter mit Euch kommen. Vielleicht kann ich ja doch etwas
Brauchbares beitragen“, bettelte er. Und nach einem kurzen Zögern fügte er mit
einem Bedauern hinzu: „Auch wenn ich nicht denke, daß ich Euch dort im Wald mit
meinen Kochkünsten dienen kann.“
„Nicht
immer sind es die großen Taten und die tapferen Krieger, die den Ausgang einer
Unternehmung bestimmen“, nickte Galadriel ihm aufmunternd zu und lächelte dabei
so warmherzig, daß dem Hobbit der Herz übervoll wurde und er zu spüren glaubte,
wie er um einige zollbreit in die Höhe wuchs.
Celebrimbor
hingegen wollte widersprechen, doch die hochgezogene Augenbraue und der
vielsagende Blick seines Gefährten verdeutlichten ihm, daß seine Gegenrede nichts
würde ausrichten können - weder bei der stolzen Elbenfrau, noch dem großmütigen
kleinen Mann. So zog er es denn vor, zu schweigen und nur andeutungsweise den
Kopf zu schütteln.
Inzwischen
hatte sich das Unwetter weiter zusammengezogen. Als der Regen niederprasselte,
tat er dies mit einer solchen Wucht, daß es unmöglich war, eine halbwegs
zivilisierte Konversation zu pflegen. Alle, die nicht ohnehin schon ihr Lager
aufgesucht hatten, taten dies nun, und hüllten sich in ihre Mäntel und Decken.
Hamfast zog seinen großen Hut tiefer ins Gesicht und begab sich zu seinem Pony,
um die Nacht an seiner Seite zu verbringen, wie er es gewöhnt war. Auch er
breitete seine Reisedecke über sich aus, so daß er ganz darunter verschwand.
Schon bald konnte man sein durchdringendes Schnarchen unter dem unförmigen
Haufen hervor hören, das selbst das plätschernde Geräusch des Wassers
übertönte. Erst als die ersten Blitze fielen und der Donner einsetzte, traten
diese kräftigen Laute in den Hintergrund.
Der
Morgen dämmerte feucht und neblig. Tiefe Pfützen hatten sich im ganzen Lager
gebildet, und wo die Pferde standen und grasten, war der Boden von den Hufen
matschig zertreten. Celeborn hatte mit dem ersten Tageslicht Boten nach Norden
entsand. Danach hatte es eine lange Dikussion darüber geben, ob sie mit den
Pferden dem Anduintal folgen und den Grünwald erst an der alten Waldstraße
betreten, oder diese zurücklassen und sich auf direktem Weg nach Osten begeben
sollten.
Die
Zwerge hatten, weil die Ungeduld sie trieb und sie ohnehin nicht beritten
waren, für die zweite Wahl gestimmt, die Elben hingegen sahen überhaupt keinen
Sinn darin, sich des Vorteils zu berauben, den die Schnelligkeit der Pferde
ihnen bot und sich früher als nötig den Gefahren des Waldes auszusetzen. Es hatte
wieder einen unschönen Auftritt zwischen den beiden Völkern gegeben, den
diesmal nicht einmal Galadriel hatte schlichten können.
Gerade
als der Streit zu eskalieren gedroht hatte, war Hamfast mit einem laut
vernehmlichen, wohligen Gähnen aufgewacht und hatte sich, ohne zuvor die Decke
zurückzuschlagen mit weitausladenden Armbewegungen gedehnt und gestreckt. Dabei
hatte er ausgesehen wie die Hobbitkinder zuhause, wenn sie des nachts, mit
weißen Bettlaken über dem Kopf, in die sie zwei Gucklöcher für die Augen
geschnitten hatten, durch das Haus spukten, um ihre jüngeren Geschwister zu
erschrecken. Nur, daß Hamfast keine Gucklöcher in seiner wollenen Decke hatte
und sich darum wunderte, weshalb er nichts sehen konnte. Als die gröbste
Müdigkeit von ihm gewichen war, und er den Grund dafür erkannte, zog er sich,
über die eigene Dummheit erheitert, lachend die Decke mitsamt dem Hut vom Kopf,
strahlte gut gelaunt die ihn sprachlos anstarrende Gesellschaft an und krähte
ein „Guten Morgen!“ in die Runde.
Elben
und Zwerge, beide in ihrem Schwung gehemmt, vergaßen für den Moment, an welcher
Stelle sie ihren Streit unterbrochen hatten und blickten irgendwo zwischen
verärgert, ratlos und amüsiert auf den kleinen Mann, der sich soeben
vollständig aus seiner Decke schälte und nichts eiligeres zu tun hatte, als
halblaut über die nötigen Zutaten für ein anständiges Frühstück nachzudenken.
„Vielleicht
ist es am Vernünftigsten, wenn wir uns trennen“, überlegte Celeborn sachlich.
„So kann jeder seinen Vorteil nutzen, und wir finden schneller, wonach wir
suchen.“
~*~