Hamfast der Abenteurer
Stöhnend
drehte Hamfast sich auf die andere Seite. Es war stockfinster. Wie seltsam! Der
gestrige Tag war ohne ein Wölkchen am strahlendblauen Himmel zu Ende gegangen
und hatte eine sternenklare Nacht versprochen, und doch war nicht ein einziger
kleiner Stern zu sehen. Auch den Vollmond konnte er nirgendwo entdecken. Erst
nach und nach begriff Hamfast, daß diese sonderbare Dunkelheit daher kam, daß
er seine geschwollenen Augen nicht zu öffnen vermochte. Sein rechter Arm pochte
vor Schmerz und hinter seiner Stirn wütete eine ganze Orkhorde mit ihren
rostigen Schwerten und globigen Knüppeln. Seine Kinnlade fühlte sich an, als
wollte ihm dort ein Horn wachsen. Behutsam betastete er diesen Teil seines
Gesichtes und erkannte, daß er sich zumindest nach einem zweiten Kinn anfühlte.
Dann
kehrte die Erinnerung zurück und Hamfast begrüßte sie mit einem zweiten, noch
kläglicheren Stöhnen, worauf sein Magen mit einem heftigen Sich-Zusammenziehen
antwortete. Hamfast konnte sich noch gerade rechtzeitig vornüberbeugen, um
nicht äußerlich mit seinem Inhalt in Berührung zu kommen.
Ein
angestrengter Versuch, seine Augen zu öffnen, ließ einen hellen Lichtstrahl
durch den schmalen Spalt scheinen. Ächzend schloß Hamfast die Lider und sank
zurück in sein Kissen, welches ihm viel zu dünn und hart vorkam.
Wegen
Beeinträchtigung der optischen Wahrnehmung versuchte Hamfast sich durch
Tastsinn zu orientieren. Wo befand er sich eigentlich? Und wie kam er hierher?
Seine Hände verrieten ihm, daß man ihn auf ein weiches Lager gebettet hatte.
Die Matratze war mit feinem Linnen überzogen, und eine flauschige Decke lag
über ihn ausgebreitet; sorgfälltig bis über beide Schultern gezogen. Nun,
zumindest war sie das gewesen, bevor er sich über den Bettrand erbrochen hatte.
Hamfast
fand dieses Ergebnis seiner Erkundung äußerst unbefriedigend. Vielleicht hätte
seine Nase ihm mehr verraten können, aber die befand sich zu weit oben am Kopf,
und da fühlte sich alles so benommen an, daß sie ihm den Dienst verweigerte.
Der Gebrauch seiner Ohren versagte aus dem gleichen Grund.
Nun,
bekanntermaßen befindet sich das Gehirn ebenfalls am Kopf, oder besser gesagt
darin. Zu behaupten, daß es dem jungen Mann in seiner Situation leicht fiel zu
denken, wäre also schlicht gelogen. Doch er bemühte sich. Und wenn er auch
keine Antwort auf die Fragen Wo und Wie im näheren Sinne ermittelte, so konnte
er nach einer Weile zumindest mit Sicherheit behaupten, daß er in Eregion war,
und daß ihn sein Pony bis hierher getragen hatte.
Hamfast
erinnerte sich daran, wie sie den kleinen Borin seinen Eltern gebracht hatten,
an deren rauhe aber aufrichtige Dankbarkeit, und er erinnerte sich daran, wie
ihn die Zwergenkönigin vor lauter Herzlichkeit beinahe zwischen ihren breiten
Schultern zerquetscht hatte.
Die
Freude über die Rettung des Thronfolgers war groß und breitete sich wie ein
Lauffeuer im ganzen Zwergen- und Elbenvolk aus. Schnell wurde ein Fest
organisiert. Und was war das eine Feier! Mit einer Auswahl und Großzügigkeit an
Speisen und Getränken, die ein jedes Hobbitherz höherschlagen ließen!
Der erste
Teil des Abends war auch äußerst zufriedenstellend verlaufen. Hamfast hatte
fleißig von den dargereichten Köstlichkeiten genossen, den dröhnenden und
munteren Gesängen der Zwerge gelauscht und sogar ein wenig das Tanzbein
geschwungen. Bis schließlich jemand auf die schlechte Idee gekommen war, ein
Wetttrinken zu veranstalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hamfast die Idee
allerdings noch nicht als eine schlechte empfunden, sondern war freudig auf den
Vorschlag eingegangen. Das war, bevor er seine erste Bekanntschaft mit dem starken,
farblosen Getränk der Zwerge gemacht hatte, welches diese kurz und bündig
„Schnaps“ nannten.
Hamfast
rieselte sich bei dem Gedanken an den undefinierbaren Geschmack und das
Brennen, den dieses Zeug in seinem Hals hervorgerufen hatte. Und wie war ihm dieses
Getränk in den Kopf gestiegen! Dabei waren die Becher geradezu lächerlich klein
gewesen!
Erneut
meldete sich sein Magen mit einem kurzen krampfartigen Zusammenziehen, blieb
jedoch ansonsten ruhig.
Hamfast
faßte in diesem Moment den festen Entschluß, sein gutes, schmackhaftes Gebräu
bei diesem ansonsten hochzivilisierten Zwergenvolk einzuführen.
Als er
schon nicht mehr wirklich gerade hatte stehen können, hatte wiederum jemand
eine Idee, von der Hamfast jedoch gleich zu Beginn behauptet hätte, daß sie
schlecht sei. Hätte ihn jemand nach seiner Meinung gefragt. Doch das tat
niemand.
Ein paar
der Zwerge schienen nämlich der Ansicht, daß zu einem ordentlichen Gelage auch
eine ausgewachsene Prügelei gehörte. Hamfast hatte sich heraushalten wollen,
war aber zwischen die Fronten geraten. Was zum einen Teil daran lag, daß es
keine erkennbaren Fronten gegeben hatte. Zum anderen Teil hatte er in seinem
vom Zwergenschnaps angeschlagenen Zustand nicht mehr die nötige Reaktion und
das Gleichgewicht aufbringen können, um den Fäusten auszuweichen.
Es hatte
nicht sehr lange gedauert bis ihn etwas sehr Hartes an der Kinnlade getroffen
hatte. Eine Zwergenfaust, vermutete Hamfast. Es konnte aber auch ein Stuhlbein
gewesen sein. Er erinnerte sich, wie kurz zuvor ein Hocker knapp an seinem Kopf
vorbeigeflogen und an der Wand zerschellt war. Jedenfalls war der arme Hobbit
daraufhin bewußtlos zu Boden gegangen.
Ein
warmer, feuchter Dunst kitzelte Hamfasts Nase, gefolgt von dem Duft frisch
aufgebrühtem Kräutertees. Mit einem Mal deutlich wacher, schnupperte er
genüßlich. Das roch nach frischem Brot und nach Honig! Unwillkürlich folgte
Hamfasts Kopf der sich entfernenden Teetasse. Eine Bewegung, die mit einem
lustigen Kichern belohnt wurde, was wiederum Hamfast dazu veranlaßte, einen
zweiten Versuch zu unternehmen, seine Augen zu öffnen. Es gelang besser als
erwartet. Ein junger Zwerg ließ sich mit dem Frühstückstablett auf der
Bettkante nieder und wünschte ihm leutselig einen Guten Morgen. Hamfast
erinnerte sich an ihn, nicht jedoch an seinen Namen.
„Zu Essen
versteht Ihr, das muß man Euch lassen“, fügte der Zwerg mit einem breiten
Grinsen hinzu, welches von Hamfast ein wenig schwerfällig erwidert wurde. Seine
Mundwinkel gehorchten ihm trotz der Aussicht auf ein leckeres Frühstück nicht
so, wie sie sollten. Mühsam stützte er sich mit Hilfe der Hände in den Sitz und
entgegnete einen „Schönen guten Morgen!“ Auch seine Zunge fügte sich nur
widerstrebend.
„Scheint
mir ja ein ordentlicher Katzenjammer zu sein“, plauderte der junge Zwerg
weiter, war aber höflich genug, den nicht wirklich großen Fleck auf dem
Fußboden unauffällig mit einem mitgebrachten Handtuch zu bedecken und mit dem
Fuß darüber zu wischen, um ihn erst einmal provisorisch verschwinden zu lassen.
Hamfast
nickte nur und schielte sehnsüchtig auf das Frühstücksbrett, auf dem der Zwerg
soeben ein lecker aussehendes, sehr großzügig bemessenes Stück Schinken
enthüllte. Hamfast lief das Wasser im Mund zusammen. „Wie ich sehe habt Ihr
eine großartige Medizin dagegen“, freute er sich, und seine Zunge bewegte sich
dabei so munter wie eh und je.
Kali -
Hamfast erinnerte sich jetzt wieder an seinen Namen - lachte so dröhnend, wie
es wohl nur ein Zwerg vermochte. Er schob dem Hobbit das Brett auf den Schoß
und das Kissen im Rücken zurecht. „Laßt es Euch schmecken, Herr Hamfast. Und
wenn Ihr noch etwas benötigt, zieht an dem Seil.“ Er deutete auf einen dicken
Strick gleich neben dem Kopfende, grüßte stumm und ließ den Hobbit mit seinem
Frühstück allein.
Nachdem
Hamfast sich ausgiebig gesättigt hatte, war auch der Katzenjammer verschwunden.
Nur das Kinn und sein Arm schmerzten noch, wo ihn der Hieb getroffen hatte und
er auf den Boden aufgeschlagen war. Neugierig sah er sich in seinem
Schlafgemach um. Es war einfach und zweckdienlich eingerichtet und hatte nichts
elbisches an sich. Letzteres beurteilte er nach der Einrichtung der Elben in
Lindon. Die Erstgeborenen in Eregion mochten zwar einen völlig anderen
Geschmack haben, aber auch Kalis Anwesenheit deutete darauf hin, daß er sich im
Zwergenheim befand. Dies bedeutete unter der Erde. Oder zumindest teilweise
darunter, denn an einer Seite befanden sich hoch oben an der Decke zwei
Fensteröffnungen - eher zwei lange schräg nach unten durch eine dicke Felsmauer
verlaufende Tunnel - durch die das Tageslicht hereinfiel.
Hamfast
betrachtete das Seil, mit dem er sich bemerkbar machen sollte, entschied
jedoch, nicht daran zu ziehen. Er fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, daß
jemand sich seinetwegen herbemühen sollte. Also entschied er, sich auf eigene
Faust aufzumachen und seinen Aufenthalt zu erkunden.
Der Gang
vor seinem Gemach war mit Fackeln in Wandhalterungen erleuchtet. Hamfast hielt
einen Moment inne, um die Steinmetzarbeiten zu bewundern. Die Wände sahen aus,
als wären sie gemauert, doch bei näherem Hinsehen erkannte er, daß sie aus dem
Felsen herausgeschlagen waren. Das Deckengewölbe war mit femdartigen Zeichen
verziert, die im Licht der Fackeln wie helles Silber funkelten.
Während
der Gang zu seiner Rechten in kurzer Entfernung im Dunkel verschwand, drang von
links helles Licht herein. Die Entscheidung, in welche Richtung er sich wenden
sollte, wurde ihm somit erleichtert. Schwungvoll startete Hamfast seinen
Morgenspaziergang und fand sich bald darauf in der großen Halle wieder, in
welcher noch deutlich die Spuren der gestrigen Feierlichkeiten zu sehen waren.
Schmutziges Geschirr stand auf den langen Tischreihen, die Scherben mehrerer
zerbrochener Krüge lagen auf dem Boden, in einer Ecke konnte Hamfast den
zerschmetterten Hocker liegen sehen. Ein knappes Dutzend Zwerge war bemüht,
dieses Durcheinander zu beseitigen. Als sie Hamfasts gewahr wurden, grüßten sie
ihn freundlich. Und Hamfast, der vermutete, in diesen ordnungsliebenden Wesen
zwergische Weiblichkeiten vor sich zu haben, lüftete in einer weitausladenden
Geste seinen Hut und grüßte mit einer großzügigen Verbeugung zurück.
Natürlich
erwartete niemand, daß er beim Reinemachen behilflich war. Und tatsächlich
schoben ihn die Zwergenfrauen, als er sich anschickte einen Stuhl zurecht zu
rücken, mit einem freundlichen Lachen zur anderen Seite durch ein großes Tor
hinaus.
Hamfast
blinzelte eine Weile im grellen Sonnenlicht. Er befand sich in einem kurzen Tal
oder einer Einbuchtung des Nebelgebirges. Nach links stieg bereits nach wenigen
Schritten, jedoch auf der gegenüberliegenden Seite erst einen Steinwurf
entfernt, die Felswand beinahe lotrecht in die Höhe. Die südliche Hälfte des
Tals wurde von einem klaren Bergsee eingenommen. Zu beiden Seiten des
Eingangsportals standen hochgewachsene Stechpalmen. Blickte man aus dem Tal
hinaus in die Ebene, so erspähte man einen dichten, dunklen Wald, der gar
seltsam anmutete.
Hamfast
blinzelte noch einmal. Diesmal um sicher zu gehen, daß er seinen Augen trauen
konnte. Noch nie hatte er einen ganzen Wald aus Stechpalmen gesehen, der noch
dazu solche Ausmaße besaß. Auch in seiner Heimat wuchsen diese Bäume, welche
die Hobbits vor allem zu den Jultagen wegen ihrer roten, schmucken Beeren so
liebten, aber nur vereinzelt.
Vom Tor
weg führte eine breite gepflasterte Straße mitten in diesen Wald hinein.
Hamfast überlegte nicht lange und folgte ihr im raschen Wanderschritt, denn er
wollte sehen, wohin der Weg führte. Dabei überlegte er, daß er mit höchster
Wahrscheinlichkeit auf gerade demselben Weg in die Zwergenstadt hineingelangt
sein mußte, doch war es bereits spät am Abend gewesen, und so hatte er dabei
weder den Pfad noch die Stechpalmen bemerkt. Doch halt! Das war nicht ganz
richtig. Seine Füße hatten sehrwohl das Pflaster gespürt. Jetzt erinnerte er
sich wieder daran.
Der Wald
duftete nach frischem Grün und nach etwas anderem, das Hamfast nicht zuordnen
konnte. Es war ein angenehmer Geruch. Irgendwie nach Blumen oder Kräutern. Doch
sehen konnte er keines von beidem. Als er umherblickte bemerkte er, daß die
stacheligen Blätter, von denen diese Bäume ihren Namen haben, und von denen das
ganze Jahr über immer einige herabfallen, sorgfältig vom Weg entfernt worden
sein mußten. Dies war ihm natürlich willkommen. Vor allem weil er, wie alle
Hobbits, am liebsten barfuß lief. Zwar waren seine Sohlen robust und
unempfindlich, doch eine dicke Schicht Stechpalmenblätter, wie sie zwischen den
Bäumen lag, wäre von ihm zumindest unangenehm empfunden worden.
Ein
friedlicher Ort war das. Instinktiv wußte Hamfast, daß er hier nicht auf der
Hut sein mußte, daß der Wald beschützt war vor allen bösen Kreaturen. So
wanderte er sorglos die Straße entlang und war dabei ganz in Gedanken
versunken. Den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Elben bemerkte er erst, als
dieser bereits nahe herangekommen war. Es war Celebrimbor, und Hamfast grüßte
mit dem gewohnten Schwenken seines Hutes und einem freundlichen „Guten Morgen!“
„Ja, es
ist ein guter Morgen. Oder zumindest war er das“, erwiderte Celebrimbor
süffisant. „Es freut mich zu sehen, daß Ihr so wohl auf seid.“
Hamfast
grinste unbefangen. „Freut es Euch, daß es mir wohl geht, oder daß ich
aufgestanden bin?“ Er schob den Hut in den Nacken, um dem anderen besser in die
Augen blicken zu können.
„Beides“,
grinste Celebrimbor zurück, und es war Hamfast, als könnte er etwas wie
Sympathie hinter der distanzierten Fassade erkennen.
„Der Herr
und die Herrin von Eregion haben einen Rat einberufen“, informierte der Elb
ihn. „Und sie wünschen Eure Anwesenheit.“
„Meine?“
wunderte sich Hamfast. „Bei einem Rat der Elben? Was kann ein bescheidener
Hobbit wie ich es bin dazu beitragen?“
Celebrimbor
betrachtete den Kleinen vom Kopf bis zu den Füßen. „Nun, es ist nicht
eigentlich ein Elbenrat“, räumte er in gewohnt arroganter Manier ein. „König
Durin und seine Berater werden ebenfalls erwartet.“
Hamfast
schluckte. „Dies soll mich nun zuversichtlicher stimmen...“ piepste er
verlegen.
Celebrimbor
lachte. Es war das erste Mal, daß Hamfast ihn wirklich lachen hörte. Nicht
zynisch oder überheblich. Es war ein ehrliches Lachen. Er klopfte dem Kleinen
aufmunternd auf die Schulter. „Habt keine Furcht, Herr Hamfast. Niemand wird
enttäuscht sein, wenn Ihr zur Lösung des Problemes nicht einen
hochintelligenten Vorschlag unterbreiten könnt.“ Und wieder ernster fügte er
hinzu: „Ihr hab den Zwergenknaben gefunden, ihn mit Eurem Leben beschützt und
hierher gebracht. Es ist nur recht und billig, wenn Ihr jetzt nicht
ausgeschlossen werdet.“
Der junge
Hobbit nickte stumm. Er fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, folgte
Celebrimbor aber dennoch ohne ein Wort der Widerrede.
„Habe ich
noch Zeit, vorher nach meinem Pony zu sehen?“ fragte er nach einer kurzen Zeit
des Schweigens.
Celebrimbor
hob den Blick, als wollte er die Tageszeit am Stand der Sonne ablesen, doch
diese war zwischen den hohen Bäumen nicht zu erkennen. „Die Zwerge werden bald
eintreffen. Wenn Ihr rechtzeitig erscheinen wollt, solltet Ihr Euch diesen
unnützen Umweg sparen. Eurem Pony geht es gut. Es ist mit allem Nötigen reichlich
versorgt.“
Hamfast
murrte etwas in seinen Bart.
„Ihr
traut uns wohl nicht zu, uns angemessen um Euer Tier zu kümmern? Oder hattet
Ihr nur auf einen Aufschub gehofft?“ schmunzelte der Elb amüsiert.
Hamfast
fühlte sich ertappt. „Es lag mir fern, an den Fähigkeiten oder der Fürsorge der
Elben zu zweifeln“, bat er um Vergebung und gestand damit zugleich die
Richtigkeit der zweiten Vermutung ein.
„Wird
Herr Mornedhel ebenfalls anwesend sein?“ fragte er plötzlich mit mehr
Zuversicht. Er mochte den nachsichtigen Reisegefährten. Der Gedanke, sich in
seiner Nähe vor all den hohen Herrschaften verstecken zu können, gab ihm neuen
Mut.
Celebrimbor
lächelte undefinierbar. „Ja, Herr Mornedhel wird dort sein.“
Sie waren
am Ende des Weges angelangt. Er führte auf eine breite Lichtung, die im hellen
Sonnenlicht erleuchtet vor ihnen lag. Dort hatten die Elben eine Gartenlaube
errichtet. Sie war groß genug, daß die zum Rate Geladenen darin Platz finden
konnten. Wie alles, was von Elbenhand erschaffen war, war sie nicht nur
nützlich, sondern dabei auch überaus schön anzusehen. Die Balken - sie bildeten
ein gleichseitiges Achteck - stützten nicht einfach das Dach, sie waren
aufwändig mit Blätterranken beschnitzte Kunstwerke. Und das Dach schützte nicht
nur vor zu starker Sonneneinstrahlung oder Regen, es thronte wie eine in
hauchdünnes Metall gegossene Baumkrone auf den Balken. Fast war man versucht zu
sagen: es schwebte darüber, denn es war nicht sichtbar mit ihnen verbunden.
All dies
bemerkte Hamfast jedoch erst später, denn jetzt wurde sein Blick von der
wunderschönen Elbenfrau angezogen, die in diesem Pavillon saß und ihm so
freundlich zulächelte, daß er vor Verlegenheit ganz rote Ohren bekam.
Schüchtern zog er seinen großen Hut vom Kopf, um ihn mit beiden Händen ungeschickt
vor seiner Brust zu halten.
„Das ist
die Herrin Galadriel“, raunte Celebrimbor ihm ins Ohr und versetzte ihm einen
Stoß, daß er die beiden Stufen hinaufstolperte und beinahe gefallen wäre. Er
konnte sich zwar noch rechtzeitig fangen, stieß bei dieser Bemühung aber einen
unschönen Grunzlaut aus und schämte sich sehr.
„Tretet
näher, Herr Hamfast!“ forderte die Schöne ihn auf. „Habt keine Furcht.“
Hamfast
lächelte dankbar, und noch immer verlegen knautschte er den Hut zurecht. Er
öffnete den Mund um einen höflichen Gruß auszusprechen, doch es fiel ihm nur
„Guten Morgen“ ein, und der war ja inzwischen längst vergangen. Also schloß er
den Mund wieder unverrichteter Sache und strahlte die schöne Elbenfrau statt
dessen so unverholen hingerissen an, daß diese in ein helles Lachen ausbrach.
„Ihr habt
recht, mein Gemahl. Er ist ein außergewöhnlich reizender Mann“, versicherte sie
dem hochgewachsenen Elben an ihrer Seite.
Bei
dieser Bemerkung folgte Hamfast unwillkürlich ihrem Blick. Neben ihr saß, nicht
minder reich gekleidet als sie selbst, ein Elb, der ihrer Schönheit würdig war.
Sein silbriges Haar glänzte in der Sonne mit ihren goldenen Locken um die
Wette.
„Und ein
tapferer Kamerad, meine Gemahlin“, versichterte der Hohe Herr Celeborn
schmunzelnd.
Man denke
sich Hamfasts Überraschung, als er in ihm seinen Reisegefährten Mornedhel
erkannte!
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