Hamfast der Abenteurer
Jetzt
verstand Hamfast, und seine Mundwinkel entspannten sich zu einem zufriedenen
Grinsen. Mit beiden Händen schob er den Hut in den Nacken. Sogar das Atmen fiel
jetzt wieder leichter, und er konnte deutlich die leisen Schritte seiner
Nebenmänner hören.
Zügig
gingen sie weiter. Es war nicht erkennbar, ob der Weg, der hier durch den Wald
führte, natürlich gewachsen oder angelegt worden war. Die Bäume standen nur
wenige Meter auseinander, und der Weg war frei von Unterholz, das an seinem
Rand so dicht und hoch emporragte, daß dort ein Durchkommen unmöglich schien.
Also vermutete Hamfast, daß die Waldstraße künstlich geschaffen war. Doch er
konnte nirgends den Stumpf eines Baumes oder das Wurzelwerk eines Busches
erkennen, die doch zu diesem Zweck hätten gefällt und gerodet werden müssen.
Der Boden war dicht mit Moos und Farnbüschen bedeckt, die dem kleinen Mann bis
an den Gürtel hinaufreichten, aber ihn nicht wirklich beim Vorwärtskommen
behinderten.
Zur
Rechten und Linken schritten seine beiden Freunde, die Waldelben, schweigend
neben ihm her. Hamfast hielt sich gleich hinter Celebrimbor, der das
Sternenglas hielt, und der Hobbit hielt den Blick gebannt darauf gerichtet, als
würde das sanfte Licht ihm den Halt geben, den die Dunkelheit ihm zuvor geraubt
hatte.
Einige
Minuten lang bewegte sich die lautlose Elbenschar so die Straße entlang, bis
mit einem Mal Leben in den jungen Hobbit kam. Er zupfte den Noldo keck an
seinem Mantel, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen und fragte, als dieser
verwundert den Kopf ihm zuwandte:
„Herr
Celeborn meinte, ich solle Euch bei Gelegenheit nach dem Sternenglas fragen“,
erklärte er sein Verhalten. „Wollt Ihr mir erzählen, wie es Euch gelungen ist,
das Licht des Morgensterns darin einzufangen?“ Hamfast hatte den Kopf weit in
den Nacken gelegt, um besser zu dem Elben aufsehen zu können, an den er ganz
nahe herangehüpft war.
Celebrimbor
atmete hörbar ein und warf Celeborn einen Blick zu, der nicht danach aussah,
als wäre er so bereit sein Wissen darüber mit dem kleinen Mann zu teilen, wie
der andere geglaubt hatte. Tatsächlich schüttelte er kurz darauf sachte den
Kopf. Doch dann lächelte er fast ein wenig bedauernd. „Ich fürchte, das ist
nichts, was sich so ohne Weiteres erklären läßt. Es ist eine ziemlich
komplizierte Prozedur, die nur bei einer bestimmten Konstellation der Sterne
durchführbar ist.“
„Wie
viele solcher Sternengläser gibt es denn?“ erkundigte Hamfast sich sogleich
weiter, ohne über die unzureichende Erklärung allzu enttäuscht zu sein.
„Bis
jetzt nur dieses eine.“ Celebrimbor klang ein wenig gereizt, als hätte er
Hamfasts Frage dahingehend interpretiert, als erwarte er, es wäre ein Leichtes,
das Sternenlicht einzufangen, und er müßte deshalb eine ganze Reihe dieser
unvergleichlichen Phiolen geschaffen haben. So, als würde er sein Kunstwerk
schmälern und die Einzigartigkeit seiner Schöpfung anzweifeln wollen.
Celeborn
sah den Freund mit leichtem Stirnrunzeln an und legte ihm die Hand beruhigend
auf den Unterarm. „So hat er es nicht gemeint!“ versuchte er zu vermitteln.
Hamfast,
der sehr wohl bemerkte, daß er etwas Falsches gesagt haben mußte, aber zugleich
seinen Fehler nicht erkannte, ließ sich reflexartig einige Schritte
zurückfallen und blickte hilfesuchend zwischen Taurfaron und Galadhion hin und
her.
„Sag
einmal, Hamfast“, lenkte ersterer das Gespräch in eine andere Richtung, „du
hast uns erzählt, daß ihr damals alle sechs in den Wald geritten seid?“
Er
wartete das bestätigende Nicken ab, bevor er weiterredete. „Haben die Pferde
sich damals nicht geweigert, ihn zu betreten? Davon hast du nie etwas erwähnt.“
„Ich
hielt es nicht für so wichtig“, zuckte Hamfast die Achseln, sogleich allen
Kummer vergessend. „Doch ja, sie wollten erst nicht mit hinein in den Wald. Die
großen Leute mußten ihren Tieren sehr gut zureden und mir schien es so, als
würden sie nur ihren Herren zuliebe, die sie schon lange kannten, und denen sie
schon durch manche Gefahr gefolgt sind, wie ich im Laufe unserer Reise erfahren
habe, mit ihnen gehen. Wißt ihr, mein Bôr und ich, wir kannten uns damals erst
wenige Wochen. Er war ein Geschenk des Hohen Königs, oder vielmehr er ist es,
aber diese Geschichte kennt ihr ja, denn ihr seid dabei gewesen, als ich im
letzten Sommer dorthin zurückgekehrt war...“ Eine Tatsache, die den Hobbit aber
nicht davon abhielt, die Begebenheit erneut zu erzählen, so daß auch die
anderen Elben sie erfahren konnten.
So
verging der Nachmittag, während alle anderen schweigend voranschritten und der
Hobbit munter erzählte, über den Sommer in Lindon, den Winter in Breth, das
letzte Julfest, die kleine Mira und was immer ihm gerade in den Sinn kam.
„Und dann
war da noch dieser fürchterliche Sturm, bei dem...“ jäh unterbrach Hamfast
seinen Satz, bei dem er zu Galadhion aufgeblickt hatte. Jetzt starrte er mit
entsetzter Miene am Kopf des Elben vorbei in die Dunkelheit. Er unterdrückte
einen Schrei und deutete mit weit aufgerissenen Augen und ausgestrecktem Arm
auf das, was ihn so erschreckt hatte. „Da!“ flüsterte er heiser. „Da leuchtet
etwas Grünes. Dort oben! Und da, und da...“
„Seid still“, zischte Celebrimbor. „Geht
weiter!”.
Da
Hamfast keine Anstalten machte, den erhobenen Arm zu senken oder der
Aufforderung zum Weitermarsch Folge zu leisten, faßte Galadhion ihn an der Hand
und zog ihn neben sich her wie ein kleines Kind.
„Sie sind
schon seit einer ganzen Weile um uns herum und beobachten uns“, versuchte er
ihn zu beruhigen.
„Sie?“
„Spinnen.“
„Riesenspinnen?“
schnappte Hamfast nach Luft, was ihm einen erneuten Tadel des Noldo gefolgt von
einem gereizten Blick einhandelte.
„Habt ihr
denn nicht vor, etwas zu unternehmen?“ flüsterte er ängstlich, offenbar noch
immer zu laut für die empfindlichen Ohren des Elben.
„Wenn Ihr
nicht augenblicklich still seid, binde und knebele ich Euch!“ drohte er.
„Jetzt
wissen sie ohnehin, daß wir sie bemerkt haben“, räumte Celeborn mit
wegwerfender Geste ein. „Und was macht es schon? Laßt uns weitergehen.“
Und das
taten sie denn auch. Die Elben hocherhobenen Hauptes, nahezu geräuschlos und mit
der ihrem Volk eigenen Gewandtheit und Anmut, Hamfast nicht weniger leise, doch
aufgrund seiner Verwirrung und Furcht mit hängenden Schultern, unbeholfen und
stacksig. Noch immer hielt Galadhion seine Hand, und der Hobbit hing schwer
daran, als wäre sie eine Stütze, ohne die er zusammenbrechen müßte.
Immer
wieder glitten seine Augen hinauf in die Bäume. Er konnte nicht anders, auch
wenn Celebrimbor es verboten hatte. Es war ihm wie ein Zwang, hinzusehen und
nach diesen kalten glimmenden Augen zu suchen, denn das mußte es sein, was er
gesehen hatte. Viele kleine grüne Punkte dicht nebeneinander zu einem größeren
Ganzen vereint. Fazettenaugen von Spinnentieren. Er kannte sie aus den
Zeichnungen des Büttels, wenn er die Kinder des Dorfes unterrichtete. Nur, daß
diese hier um ein Vielfaches größer waren, als die jener Spinnen, die Hamfast
von zu Hause kannte, und die viel zu klein waren, als daß man überhaupt so
etwas wie Augen hätte erkennen können - geschweige denn ihre wabenartige
Struktur ausmachen konnte.
Diese
leuchtenden Augen bewegten sich nicht. Sie folgten ihnen nicht. Schienen sie
nur zu beobachten. Doch egal wie weit sie gingen, immer neue Augenpaare
erblickte Hamfast. Sie saßen zu beiden Seiten des Weges, hoch oben in den
Bäumen und blickten auf sie herab. Wartend. Lauernd. Und noch immer schritten
die Elben ungeachtet dessen weiter und weiter voran und machten keine
Anstalten, irgend etwas dagegen zu unternehmen.
Hamfast
schluckte einen Kloß hinunter, der ihm schon eine geraume Weile im Hals gehangen
hatte, und der sich deshalb nur schwer löste und in der trockenen Kehle beinahe
stecken blieb. Hamfast unterdrückte ein Husten und versuchte den Hals durch
mehrfaches Schlucken wieder anzufeuchten, was ihm nach einiger Mühe schließlich
gelang.
Als er
nun wieder den zwanghaften Blick hinauf in die Bäume richtete, waren plötzlich
alle leuchtenden Punkte verschwunden! Panik stieg in dem Hobbit auf. Wo waren
sie hin? So fest preßte er seine Hand um die des Waldelben, daß dieser vor
Schmerz scharf die Luft einsog.
„Wo sind
sie hin?“ flüsterte er so leise es ihm möglich war.
„Nirgends“,
lautete die knappe, ebenso leise Antwort von vorne.
Celebrimbor
hatte das Licht des Sternenglases noch weiter gedimmt, und alle Elben waren wie
auf eine geheime Vereinbarung stehen geblieben.
„Sie sind
noch da. Macht Euch bereit für den Kampf!“ wisperte Celeborn erklärend, dicht
an Hamfasts Ohr. Dann spürte der Hobbit seine aufmunternde Hand auf der
Schulter und blickte in des Elbenfürsten schönes, ernstes Gesicht und in seine
tiefen, klaren Augen, die für einen langen Moment in den seinen ruhten.
Wie
anders diese Augen doch waren, als die kalten, gefühllosen Augen der
Spinnentiere!
Hamfast
fühlte, wie der Mut in sein Herz zurückkehrte und nickte Celeborn dankbar zu.
Entschlossen zog er einen Kieselstein aus seiner rechten Hosentasche und
nestelte mit der Linken die kleine Schleuder vom Gürtel.
Als
Hamfast sich dann wieder umsah, hatten die Elben, ohne dabei das leiseste
Geräusch zu verursachen, einen Kreis gebildet. Genau genommen mußten es mehrere
Kreise sein, denn Hamfast konnte zumindest eine zweite Reihe Elben hinter denen
erkennen, die in einem engen Rund um ihn herum standen. Verwundert drehte er
sich einmal um die eigene Achse. Die Elben hatten ihn tatsächlich in ihre Mitte
genommen! Dabei standen sie mit ihren Rücken so dicht an ihm, daß er gerade mal
die Arme ausstrecken konnte, ohne sie zu berühren. Und weil er so klein war und
sie so groß, und weil es noch immer fast völlig dunkel war, konne Hamfast
überhaupt nicht sehen, was da um ihn herum vorging.
„Hey!“
opponierte er sich beleidigt, und er sah überhaupt nicht ein, wieso er in
dieser Situation noch weiter still sein sollte. „Wie soll ich denn da einen
anständigen Steinwurf landen?“
„Wenn du
möchtest, kann ich dich Huckepack nehmen, Hamfast“, lachte Taurfaron über die
Schulter zurück. „Oder willst du lieber auf meine Schultern klettern?“
Hamfast
überlegte kurz. Ernsthaft. „Auf den Schultern hätte ich mehr Bewegungsfreiheit
zum Werfen“, nickte er dann erfreut und machte Anstalten, seinen Worten Taten
folgen zu lassen.
„Laßt den
Unfug!“ schalt Celeborn von einem der äußeren Kreise, der Hamfast zwar
unmöglich gesehen haben konnte, aber seinen unternehmungslustigen Tonfall wohl
zuzuordnen wußte. „Da oben seid Ihr ein gefundenes Fressen für diese Biester.
Bleibt, wo Ihr seid. Ihr werdet schon noch Gelegenheit bekommen, Eure Steine
abzuwerfen.“
Hamfast
hielt den Fuß in der Vorwärtsbewegung an und zog seine ausgestreckten Arme
zurück, wußte einen Moment nicht, wohin damit und rieb sich dann die Hände mit
unschuldiger Miene an seiner Jacke. Dann polierte er den Kieselstein in seiner
Faust an eben dieser, hauchte ihn ein paarmal an, wie um ihn noch mehr zum
Glänzen zu bringen und nickte bestätigend zu niemand Bestimmtem.
„Von mir
aus kann es losgehen!“ piepste er. Dabei war er nicht halb so erpicht auf
diesen Kampf, wie es den Anschein hatte. Doch das Gefühl der Sicherheit, das
die Anwesenheit der kampferfahrenen Elben ihm gab, ließ ihn zuversichtlicher
wirken, als er es unter anderen Umständen gewesen wäre.
Spinnen.
Riesenspinnen! Hamfast schüttelte sich noch einmal. Allein der Gedanke an
solche Kreaturen ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Doch bevor er weiter
darüber nachdenken konnte, wurden seine Überlegungen von einem lauten Ruf
unterbrochen.
Celebrimbor
hatte ihn ausgestoßen. Mit heller, klarer Stimme, die in die Stille wie das
Läuten einer ehernen Glocke klang. „Aya Earendil!“
Auch wenn
Hamfast die Worte nicht verstand, so wußte er beinahe instinktiv, daß es jetzt
an der Zeit war, die Augen für einen Moment zu schließen, um sie dann erst
langsam und allmählich wieder zu öffnen.
Seine
Vorahnung wurde nicht enttäuscht. Das Sternenglas erglühte so strahlend, wie er
es zuvor noch nicht gesehen hatte. Es war, als wäre eine kleine Sonne
aufgegangen. Hier mitten im Wald, wohin noch nie auch nur der kleinste
Lichtstrahl gedrungen war. Hamfast sah die Elben in mehreren Kreisen um sich
stehen. Er blickte hinauf und sah die Stämme und Blätter der alten Bäume in
Braun und Grün und allen Farbschattierungen dazwischen. Er konnte die kleinsten
Risse in der Borke erkennen und das flauschige Moos, das an ihnen emporwuchs.
Er sah abgeknickte, verdörrte Zweige und ein Baumloch, in das sich ärgerlich
fauchend eine Eule zurückzog. Er sah das helle Gefieder des Vogels seidig
glänzen im silbernen Licht des Sternenglases.
Und noch
etwas anderes sah er. Und hörte er. Dutzende klobige, behaarte Körper mit
langen schuppigen Gliedmaßen. Körper in der Größe von riesigen Kürbissen, die
kopfüber an den Stämmen der Bäume herabgeklettert waren und jetzt mit einem
entsetzten Kreischen zurückwichen. Dabei wölbten sie die Hinterteile nach oben
und zogen das Ende, an dem Hamfast den Kopf vermutete, darunter, als wollten
sie ihre Augen vor dem gleißenden Licht schützen.
Hamfast
ekelte es vor diesen Kreaturen. Angewidert starrte er zu ihnen hinauf, die noch
abstoßender waren, als er sich in Gedanken ausgemalt hatte.
Mitten in
dieses Entsetzen hörte er die klare Stimme Celeborns kampfeslustig erschallen,
und er lachte seinem Kameraden zu: „Nicht zu viel, mein Freund! Du verscheuchst
sie noch!“ Und dann hörte Hamfast das Surren von hunderten Pfeilen, und er
zweifelte nicht daran, daß ein jeder sein Ziel fand.
Celebrimbor
hatte eine Bemerkung auf Celeborns nicht ganz ernstgemeinten Vorwurf gemacht,
doch Hamfast hatte sie nicht verstanden. Da er das Sternenlicht jedoch etwas
zurücknahm, war es wohl eine Zustimmung gewesen.
Kaum daß
das Licht abnahm, kamen neue Scharen von Spinnentieren die Bäume herab...
Hamfast sah ihnen jetzt kaltblütig entgegen wie jemand, der nur Zuschauer und
nicht selbst am Kampf beteiligt ist. Er hatte den Kopf schief gelegt und dachte
angestrengt darüber nach, wie er die Fortbewegung dieser Biester am besten
beschreiben sollte, und ob sie nun eher die Bäume herabkrochen oder liefen.
Beide Bezeichnungen wolllten ihm nicht passend erscheinen. Ihre Klauen machten
ein leises schmatzendes Geräusch, wann immer sie den Stamm berührten, und
Hamfast vermutete, daß sie sich mit irgendetwas, das aber keine Hände sein
konnten, an der rauhen Rinde festhielten. Das ging so schnell, daß er ihren
Bewegungen kaum folgen konnte.
Fast noch
schneller hatten die Elben neue Pfeile aufgelegt und abgeschossen und mit
dumpfem Geräusch schlugen die toten Körper auf dem weichen Waldboden auf.
Hamfast
kam sich überflüssig vor, wie er so in seinem beschützten Kreis stand, über die
Köpfe der Elben hinweg zu blicken versuchte und trotzdem kaum etwas von dem
Kampf mitbekam. Unzufrieden murrend zog er seinen riesigen Hut vom Kopf,
während er sich gleichzeitig zu fragen begann, weshalb er überhaupt so
mißvergnügt war. Sollte er nicht erleichtert darüber sein, daß er in Sicherheit
war und seine Hilfe nicht gebraucht wurde? Es war noch gar nicht so lange her,
da hatte er sich vor solchen Kämpfen - ob nun gegen Spinnen oder Orks -
gefürchtet. Nachdenklich zupfte er sich an seinem Bart und konnte sich seinen
Sinneswandel selbst nicht erklären.
„Die
hintere Reihe. Obacht! Zielt nach oben!“ kommandierte Celeborn. Mit der
hinteren Reihe war der innerste Kreis gemeint, und Hamfast beschloß, daß er der
allerhinterste und somit ebenfalls gemeint war.
Als er
dorthin blickte, wohin ihnen geheißen worden war, erkannte er auch sogleich den
Grund für den Befehl: In vielleicht zehn Meter Höhe, verlief der unterste Ast
der am Weg stehenden Bäume genau über ihnen hinweg. Auf diesem liefen mehrere
Spinnen entlang, dicht an dicht, wie riesige Käfer, bis sie sich über ihnen
befanden und in Blitzesschnelle an bleichen Fäden auf sie herabfallen ließen.
Zwar
schossen die Elben sogleich ihre Pfeile ab, doch die Abwärtsbewegung der
Biester war so rasant, daß sie nicht mit der üblichen Präzision trafen. So kam
es, daß ein paar von ihnen lebend unten ankamen.
Eines
plumste dabei direkt vor Hamfast. Der Hobbit sprang instinktiv einen Schritt
zurück, betrachtete den Kieselstein in seiner Hand und konnte sich nicht
entscheiden, wohin er ihn zielen sollte. Dann war der Moment der Entscheidung
vorbei. Die Spinne fauchte wütend, sprang auf ihn zu und warf ihn mit ihrem
gegen seine Brust prallendem Gewicht zu Boden.
Hamfast
keuchte. Mit aller Kraft versuchte er, sie mit den Armen von sich fern zu halten.
Irgend etwas scherenartiges hatte das Biest an diesem Ende ihres Körpers, von
dem Hamfast nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, ob es das obere war, und das
griff jetzt nach ihm wie die Zangen eines Krebses.
Als die
Kraft seiner Arme nachließ, kam dieses scharfe Körperteil seiner Nase immer
näher, so daß er den Kopf zur Seite wenden mußte. Aber als er schon dachte,
sein letztes Stündlein habe geschlagen, ging ein Zittern durch den Leib der
Kreatur und alle Spannung löste sich in ihm, bis er kraftlos zusammensackte.
Mit einem
Schnaufen stieß Hamfast den toten Körper von sich herunter.
„Alles in
Ordnung, Kleiner?“ erkundigte sich Galadhion grinsend.
„Alles
bestens!“ freute sich Hamfast und revanchierte sich mit einem wohlgezielten
Steinwurf auf eine sich soeben über dem Waldelben herabwindende Spinne.
~*~